Wie man mit über 50 noch so fit sein kann wie ein 20 Jähriger


Mag sein, dass man im Alter langsamer wird. Studien belegen aber, dass man auch mit über 50 noch so leistungsfähig sein kann wie mit 20. Professor Henning Wackerhage ist selbst 57 und extrem fit. Der Bewegungsphysiologe erklärt, wie auch Sie mit einer starken Muskulatur gesund altern.

Vor wenigen Wochen wurde Lenny Kravitz 60 Jahre alt. Das hält den Rocksänger nicht davon ab, ein straffes Sportprogramm zu absolvieren. Kürzlich tauchte ein Video auf, das Kravitz zusammen mit seinem Trainer im Fitnessstudio zeigt. Der Musiker liegt auf einer Schrägbank und macht Sit-ups. 

Dabei wuchtet Kravitz noch eine Langhantel mit Extra-Gewichten in die Luft. „Es gibt keine Abkürzungen, also nutze deinen Tag. Es ist alles möglich“, schreibt der Amerikaner zu seinem Trainingsvideo.

Unrecht hat Kravitz mit seinem wie ein Kalenderspruch anmutenden Statement nicht. Prof. Henning Wackerhage ist Molekularer Bewegungsphysiologe und Professor für Sportbiologie an der TU München. Der 57-Jährige vertritt die Überzeugung, dass das Alter bei der körperlichen Leistungsfähigkeit lange Zeit eine untergeordnete Rolle spielt. Für Wackerhage, der mit einer Forschungsgruppe aktuell den Einfluss der Muskelmasse auf das Körperfett erforscht, ist die Studienlage eindeutig.

Auch im Rentenalter könne man noch locker so fit sein wie ein durchschnittlicher 20-Jähriger. Woran das liegt und was man dafür tun muss, erklärt der Experte in einem Interview mit unserem Chefredakteur Gernot Brecht.

Gernot Brecht: Herr Professor Wackerhage, die wichtigste Frage zum Einstieg – kann man mit über 50 wirklich noch so fit sein wie ein 20-Jähriger?

Wackerhage: Ich bin leider schon 57. (lacht) Ich fahre unter anderem einmal pro Woche vier mal vier Minuten 300 Watt auf dem Fahrradergometer. Das ist durchaus anstrengend und viele 20-Jährige würden dies nicht schaffen, was zeigt, dass man mit 50 Jahren so fit sein kann wie durchschnittliche 20-Jährige.

Gernot Brecht: Das ist eine gute Nachricht. Sie trainieren für ihr Pensum aber vermutlich schon viele Jahre.

Wackerhage: Das stimmt. Training hat enorme Effekte auf unsere allgemeine Fitness. Bereits 1973 hat der Kölner Sportmediziner Wildor Hollmann in einer Publikation gesagt: Durch ein geeignetes körperliches Training gelingt es, 20 Jahre lang 40 Jahre alt zu bleiben. Mit Blick auf Muskelmasse und Ausdauer ist es locker möglich, mit 50 noch so fit zu sein wie ein durchschnittlicher 20-Jähriger. Wir haben in Aberdeen eine Studie zu Sarkopenie, dem altersbedingten Muskelschwund, durchgeführt. Da gab es einen Probanden, der hatte mit 75 noch die Beinkraft wie die durchschnittliche Beinkraft der 20 Jahre alten Sportstudenten an der dortigen Universität. Natürlich gehört auch ein gewisses Talent dazu.

Gernot Brecht: Mit Talent meinen Sie Genetik?

Wackerhage: Richtig. Die Genetik, insbesondere die Genvarianten, die z.B. eine starke Beinkraft bewirken, sind jedoch schwierig zu identifizieren. Es gibt Studienreihen mit eineiigen und zweieiigen Zwillingen, die allerdings nicht ganz so präzise sind. Es zeigt sich aber, dass etwa 50 Prozent der Kraft und 50 Prozent der Ausdauer vererbt sind. Das bedeutet bildlich gesprochen: Wer Ackergaul-Gene hat, wird es auch mit dem besten Training kaum zum Rennpferd schaffen und er gewinnt nie das Kentucky Derby.

Gernot Brecht: Woran liegt das konkret?

Wackerhage: Es gibt beim Menschen eine enorme Varianz bei vielen Variablen, die für die Fitness wichtig sind. Ein Beispiel dafür ist die Anzahl der Muskelfasern. Manche haben in ihrem Vastus lateralis (äußerer Oberschenkelmuskel) unter 400.000 Muskelfasern, andere haben dagegen über 900.000 Muskelfasern. Das ist vor allem genetisch bedingt. Wenn man eher weniger Muskelfasern hat, wird man nie die kräftigsten und größten Muskeln haben. Die Genetik bestimmt zudem die Trainierbarkeit. Es gibt Menschen, die saugen Trainingsreize wie ein Schwamm auf; da führt das Training gleich zu riesigen Effekten. Andere bleiben trotz Krafttraining eher schmächtig.

Gernot Brecht: Ist das ein Nachteil beim Altern?

Wackerhage: Krafttraining funktioniert immer, auch im Alter. Der Effekt auf die Muskeln nimmt allerdings ab.

Gernot Brecht: Man muss also mehr trainieren, um den Ist-Zustand zu halten?

Wackerhage: Genau. Der Ist-Zustand wird im Laufe des Lebens tendenziell schlechter. Schwierig wird es vor allem bei der Schnellkraft. Mit 50 noch zu sprinten wie mit 20, ist kaum möglich. Kraft und Ausdauer kann man dagegen hervorragend über eine lange Zeit hinweg erhalten.

Gernot Brecht: Oft ist die Rede davon, dass man in den Zwanzigern auf dem Zenit der Leistungsfähigkeit ist. Mit 30 geht es dann bergab. Ab welchem Alter verliert der Körper aus natürlicher Sicht an Muskelkraft?

Wackerhage: Es gibt eine Forschergruppe aus Kopenhagen, die bei einer Untersuchung die Muskelmasse, Kraft und Schnellkraft von Frauen und Männern zwischen 20 und 90 ausgewertet hat. In jedem Alter gibt es eine natürliche Varianz. Man kann trotzdem erkennen, dass die Kraft erst ab 60 steiler abfällt. Außerdem wurde mit einem Test auf dem Nottingham Power Rig die Schnellkraft gemessen. Dabei ist der Abfall deutlicher zu erkennen. Der Mensch wird im Alter schlichtweg langsamer.

Gernot Brecht: Inwieweit kann man diesen Leistungsabfall durch Training abbremsen?

Wackerhage: Selbst, wenn jemand sein ganzes Leben nicht trainiert hat und erst mit Mitte 50 anfängt, ist das Training zwar nicht mehr ganz so effektiv, wirkt trotz allem aber der natürlichen Erosion der Werte entgegen. Wie zuvor erwähnt, Training funktioniert in jedem Alter. Auch mit über 100 kann man den Körper prinzipiell noch durch Training verbessern. Beschließt ein unsportlicher Mensch mit 60 für einen Ironman zu trainieren, kann er problemlos deutlich fitter sein als in seinen Zwanzigern. Das gilt auch beim Krafttraining. Wer richtig trainiert, kann sogar noch mit 70 mehr Muskeln haben als mit 20.

Gernot Brecht: Wie angesprochen, empfinden viele schon mit 30, dass die Leistungsfähigkeit spürbar nachlässt.

Wackerhage: Das Altern findet natürlich mit allen Begleiterscheinungen statt. Mit 30 kommt dann in der Regel hinzu, dass man im Alltag deutlich mehr sitzt und isst, gleichzeitig aber weniger Gelegenheiten hat, Sport zu machen. Wenn man das Geld hat, den Kühlschrank zu füllen, nimmt die Zahl der Versuchungen automatisch zu. Diese Lebensumstände tragen zum Alterungsprozess und zu dem höheren Krankheitsrisiko bei. Die Hürden für körperliche Aktivitäten werden höher, die Erosion der Leistungsfähigkeit beschleunigt sich. Aber noch einmal: Auch Middle Ager können ja noch 180 Kilometer Fahrradfahren und anschließend einen Marathon absolvieren.

Gernot Brecht: Können Sie die Risikofaktoren für einen beschleunigten Alterungsprozess einmal zusammenfassen?

Wackerhage: Zu viel Essen, zu wenig Sport. Um es einmal auf den Punkt zu bringen.

Gernot Brecht: Sie sprachen eingangs Ihr Sportpensum an. Welches Training empfehlen Sie ab 50, um fit zu bleiben.

Wackerhage: Erst einmal empfehle ich, sich eine Umwelt zu schaffen, in der Sport und Bewegung einfach umzusetzen sind. Ich selbst mache zweimal die Woche Krafttraining, meist eine Kombination aus Übungen für den Oberkörper und funktionalem Beintraining. Das Ausdauertraining baue ich in den Alltag ein, indem ich möglichst oft mit dem Rad zur Arbeit fahre, das sind rund 18 Kilometer pro Strecke. Ein aktiver Lebensstil kann eine Menge bewegen. Dazu gibt es noch einen wichtigen Punkt.

Gernot Brecht: Bitte.

Wackerhage: Die Sportwissenschaft weiß mittlerweile, dass auch der Typ eine essenzielle Rolle spielt. Es gibt Menschen, die sind wie Hunde oder Pferde; andere eher wie Faultiere. Bedeutet: Für die einen ist ein Tag ohne Bewegung eine Bestrafung. Bei vielen anderen funktioniert das Belohnungssystem im Gehirn anders. Die können wochenlang ohne Bewegung zufrieden sein.

Gernot Brecht: Was bedeutet das für das Training?

Wackerhage: Es gilt, im ersten Schritt zu verstehen, welcher Typ man ist – und man sollte dies auch zu akzeptieren. Dass sich jeder gesund ernähren und Sport treiben sollte, stimmt. Es gibt dafür aber keinen Masterplan, der alle Menschen abholt. Diejenigen, die einen hohen Bewegungsdrang haben, muss man nicht motivieren, denn die brauchen täglich Bewegung. Für andere wird es immer eine Überwindung sein, zum Training zu gehen. Denen muss man Bewegung als Medizin verkaufen oder andere Methoden finden, um sie zu motivieren. Das kann in einigen Fällen auch eine bittere Pille sein, um einen guten Gesundheitszustand zu erreichen. Nach dem Zähneputzen läuft auch niemand jubelnd durch das Badezimmer und ist von Glückshormonen durchflutet. Nötig ist es dennoch, um die Gesundheit zu erhalten und man hat sich daran gewöhnt, da man ein Morgenritual etabliert hat.

Gernot Brecht: Was sollte man beim Training mit 50 anders machen als mit 20?

Wackerhage: Mit zunehmendem Alter können vermehrt Gelenkprobleme auftreten. Mein linkes Knie ist vom Skifahren zum Beispiel auch etwas mitgenommen. Ab 30 empfehle ich deshalb insbesondere bei Menschen, die schon erste Probleme haben, vor allem Geradeaus-Sport, heißt: Kein Sport mit schnellen Richtungswechseln, um die Gelenke möglichst gut erhalten zu können. Sobald die ersten Probleme auftreten, sollte man die Trainingsbelastung in jedem Fall anpassen. Radfahren ist wunderbar. In England nennen sie das Mamil – middle aged man in lycra (Deutsch: mittelalte Männer in engen Radsporthosen). Das hart ersparte Geld also lieber in ein Carbon-Rennrad als in einen Porsche investieren.

Gernot Brecht: Welches Verhältnis von Ausdauer- und Krafttraining empfehlen Sie in fortgeschrittenem Alter?

Wackerhage: Grundsätzlich gilt: Jedes Training ist gut. Ab 65 sollte der Fokus auf dem Krafttraining liegen. Dann ist eine starke, gut funktionierende Muskulatur wichtiger als Ausdauer, damit man mit 80 nicht stürzt. Mein Team und ich haben kürzlich einen Artikel im Journal of Physiology veröffentlicht, in dem wir darauf hinweisen, wie wichtig die Erhaltung der Muskelmasse im Alter ist. Und zwar nicht nur aus kosmetischen Gründen. Studien zeigen, dass wen man Muskelwachstum stimuliert, die Fettmasse abnimmt. Wir etablieren gerade die HyperMed Forschungsgruppe, um die metabolischen Effekte von Muskelhypertrophie und -Atrophie mit modernsten Methoden zu erforschen.

Gernot Brecht: Können Sie das genauer erläutern?

Wackerhage: Transgene Mäusen, bei denen Muskelhypertrophie stimuliert wird, verlieren viel Körperfett. Wir haben in unserem Artikel die Frage gestellt: Muskelhypertrophie oder Abnehmspritzen – was verursacht einen größeren Fettverlust?

Gernot Brecht: Und?

Wackerhage: Sie kennen bestimmt die gängigen Abnehmspritzen. Der Name ist Semaglutid oder er Handelsname Wegovy. Die wichtigste Studie, auf dessen Basis die National Institutes of Health die Mittel in den USA genehmigt haben, sagt aus, dass die Probanden in 68 Wochen mit dem Wirkstoff Semaglutid im Schnitt 16 Prozent ihres Körpergewichts verlieren; im Durchschnitt neun Kilogramm Fett und fünf Kilogramm Muskelmasse.

Gernot Brecht: Ein Grund, warum die großen Pharmakonzerne gerade Rekordkurse an den Börsen feiern.

Wackerhage: Genau. Mit HyperMed thematisieren wir gerade aber den Effekt von Muskeln auf das Körperfett. Wenn man bei Mäusen gezielt die Muskelhypertrophie stimuliert, dann kommt man zu erstaunlichen Ergebnissen. Füttert man diese Mäuse nun gleichzeitig mit viel Fett und Zucker, kann man erkennen, dass das subkutane Fett, als das Fett direkt unter der Haut, um fast 50 Prozent zurückgeht und der Blutzuckerspiegel sich normalisiert im Vergleich zu Mäusen bei denen keine Muskelhypertrophie stimuliert worden ist. Dass das auch für den Menschen gilt, hat kaum jemand auf dem Schirm, doch es gibt eine Studie, die dies zeigt. Muskelhypertrophie scheint sowohl gegen Adipositas als auch gegen Diabetes zu wirken.

Gernot Brecht: Gibt es dazu auch Studien am Menschen?

Wackerhage: Es gibt eine aktuelle Studie, bei der man den adipösen Diabetikern Bimagrumab, ein Mittel verabreicht und so das Muskelwachstum stimuliert hat. Das Ergebnis: Die haben 1,7 Kilogramm Muskelmasse aufgebaut und gleichzeitig 7,5 Kilogramm Fett verloren. Dazu sank das glykosylierte Hämoglobin, ein Indikator für die Blutzuckerkontrolle, messbar. Der Verlust des Körpergewichts war im Schnitt also fast genauso groß wie mit den Abnehmspritzen, doch die Probanden haben dabei sogar Muskelmasse aufgebaut. Jetzt stellt sich eine Frage.

Gernot Brecht: Bitte.

Wackerhage: Nehme ich jetzt die Abnehmspritze, mit der man im Durchschnitt fünf Kilogramm Muskelmasse verliert oder nehme ich die Spritze, die den Muskel aufbaut und einen ähnlichen Fettverlust bewirkt?

Gernot Brecht: Welche Erkenntnisse haben Sie über die Ursachen für diesen Effekt?

Wackerhage: Wir haben gerade einen Forschungsantrag gestellt, um genau dieser Frage auf den Grund zu gehen. Warum verschwindet das Fettgewebe und sinkt der Blutzuckerspiegel, wenn man Muskulatur aufbaut? Warum werden Intensivpatienten im Krankenhaus in den meisten Fällen diabetisch? Das ist nämlich auch eine Beobachtung der Forschung. Wenn die Muskelmasse abnimmt, steigt der Körperfettanteil an. Es scheint so, dass der Körper ein Weiche stellt: Entweder gehen die Ressourcen vermehrt in die Muskulatur oder eben ins Fettgewebe. Das Ganze ist bisher aber kaum thematisiert.

Gernot Brecht: Deshalb nimmt man mit fortschreitendem Alter auch schneller zu?

Wackerhage: Der Verlust der Muskelmasse beim Altern ist eine mögliche Ursache, doch dass muss noch untersucht werden. Auch das Risiko für Diabetes steigt, wenn altersbedingt die Muskelmasse abnimmt. Wir werden uns das in unserer Forschungsgruppe jetzt ganz genau anschauen. Ich nehme vereinfacht gesagt an: Wenn der Muskel wächst, wird er zu einer Art metabolischem Staubsauger, der Nährstoffe aus dem Blut zieht, auch den Zucker. Wenn etwa Zucker in den Muskel geht, dann kann dieser Zucker nicht mehr zum Fettaufbau genutzt werden.

Gernot Brecht: Wo wir gerade beim Thema sind. Welche Rolle spielt die Ernährung mit zunehmendem Alter?

Wackerhage: Als ich noch junger Triathlet war, habe ich abends eine Familienpackung Pasta allein gegessen. Das war kein Problem. Heute sind die Portionen deutlich kleiner. Die Appetitkontrolle wird mit dem Alter tatsächlich wichtiger und das Körpergewicht muss man vor allem dadurch kontrollieren, dass man nicht zu viel ist. Sport hat eher enttäuschende Effekte auf das Körpergewicht. Wenn man durch eine schlechte Ernährung metabolische Risikofaktoren, wie Übergewicht und zu viel Cholesterol im Blut, begünstigt, steigt das Krankheitsrisiko deutlich an.

Gernot Brecht : Was ist aus Ihrer Sicht eine gute Ernährung im Alter?

Wackerhage: Ich bin kein Ernährungsmediziner, aber für mich macht eine gute Ernährung aus, dass man auf der Waage noch die Füße sehen kann. Also keine hyperkalorische Ernährung, bei der man zunimmt. Bauchfett gilt es zu verhindern; das Normalgewicht sollte immer das Ziel sein. Dazu sollte man selbstverständlich ausgewogen bzw. gesund essen.

Gernot Brecht: Weil es oftmals heißt, ohne ausreichend Eiweiß, keine Muskeln. Wie viel Eiweiß ist optimal?

Wackerhage: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt gesunden Erwachsenen 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht am Tag. Bei 100 Kilogramm Körpergewicht also 80 Gramm Eiweiß täglich. Im Alter, ab 65 Jahren, schätzt die DGE ein Gramm pro Tag, bei Sarkopenie empfehlen wir sogar noch ein wenig mehr. Grundsätzlich sind diese Werte also empfehlenswert. Menschen, die Krafttraining machen, können meiner Ansicht nach auch ein wenig mehr Eiweiß zu sich nehmen, da der Muskel einen erhöhten Bedarf an Aminosäuren hat. Von High-Protein-Diäten rate ich dennoch ab, denn die Forschung sagt im Gegensatz zur Fitnessindustrie, die natürlich auch kommerzielle Interessen hat, ganz klar: Beim Muskeltraining kommt es zu 80 Prozent auf das Training und zu etwa 20 Prozent auf die Eiweißzufuhr an. Das Krafttraining ist für den Durchschnittsmenschen die wichtigste Stellschraube, um auch im Alter noch die Muskelmasse und Muskelkraft zu erhalten.

Gernot Brecht: Und das Ausdauertraining?

Wackerhage: Regelmäßiges Ausdauertraining ist auch super, weil man viele Risikofaktoren für Krankheiten verbessert, viel Energie verbrennt, und so seine Kalorienbilanz verbessert.

Gernot Brecht: Sollte man im Alter eher weniger Gewicht nehmen und dafür mehr Wiederholungen machen?

Wackerhage: Die Botschaft lautet: Wer Muskeln aufbauen will, hat viele Variationsmöglichkeiten. Sätze von Kraftübungen mit vier bis zwanzig Wiederholungen bis nahe am Muskelversagen, haben einen ähnlichen Hypertrophie-Effekt. Das ermöglicht, bei Verletzungen oder kleineren Zipperlein das Training anzupassen und trotzdem Muskeln aufzubauen. Das ist gerade im Alter ein wertvoller Spielraum beim Training.

Gernot Brecht: Es gibt eine Studie aus Frankreich, die ehemalige Olympia-Athleten mit Normalbürgern vergleicht und zu dem Schluss kommt, dass die Sportler im Schnitt sieben Jahre länger leben. Jetzt kann nicht jeder Mensch Hochleistungssportler werden. Ist es trotzdem möglich, durch das Training ein paar Jahre länger gesund zu leben?

Wackerhage: Dazu gibt es einige Studien, ein genauer Faktor ist aber schwer zu bestimmen. Die Sportler haben in der Regel eine besondere Genetik, insbesondere eine gute Leistungsfähigkeit des Stoffwechsels. Das spielt sicherlich eine Rolle. Wenn man schon in jungen Jahren körperlich auf einem sehr hohen Niveau ist, dann kann man der natürlichen Erosion logischerweise mehr entgegensetzen. Dazu lernt man als Sportler eine gesunde Lebensweise, die für die optimale Leistung im Wettkampf notwendig ist. Durch das Training werden dazu noch viele Risikofaktoren minimiert, was dann in der Gesamtheit wohl zu einer längeren Lebensspanne führt.

Gernot Brecht: Zum Abschluss noch einmal zusammengefasst. Man kann mit Training auch jenseits der 50 also noch viel bewegen?

Wackerhage: Absolut, da hatte schon Wildor Hollmann gezeigt. Jedoch ist es wichtig, dass wir Menschen auch für das Gesundheitstraining im Midlife schon in der Schule vorbereiten. Daher sollten Jugendliche schon im Schulsport lernen, wie man effektives Krafttraining bzw. Muskeltraining macht, damit diese Trainingsform im Midlife, nicht neu ist. Diese Erfahrungen können im weiteren Leben enorm helfen, einen Zugang zum Sport zu finden. Mein Appell: Finden Sie eine Bewegung, die Ihnen Spaß macht, dann lassen sich Routinen deutlich leichter aufrechterhalten.

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